Kundenfreundliches Forderungsmanagement verstärkt die Wertschöpfung und Kundenbindung
Randomisierte Experimente mit einer umfassenden Kundenbasis haben schwarz auf weiß bestätigt, was hallon bereits vermutet hatte: Eine freundliche Kundenansprache zahlt sich aus. Jetzt integriert der Mobilfunkriese maschinelle Lernmodelle, die das Verhalten von Kunden vorhersagen und damit ermöglichen, sie rechtzeitig mit individuell zugeschnittenen Maßnahmen anzusprechen. Hiermit lassen sich gleich zwei wichtige Ziele erreichen – die private Verschuldung zu senken und Kundenabwanderung vorzubeugen.
Solomon Seyoum ist Credit und Collection Manager beim schwedischen Mobilfunkbetreiber Tre und seiner Schwestermarke hallon. Er berichtet, dass das Bestreben des Konzerns, zu einer nachhaltigeren Gesellschaft beizutragen, auch beinhaltet, einer Verschuldung der privaten Haushalte entgegenzuwirken. Ein Lösungsansatz besteht darin, überfällige Zahlungen nicht zum Inkassoverfahren weiterzuleiten:
„Es ist wichtig, die Menschen hinter den Zahlen nicht zu vergessen. Es kann schon mal Phasen im Leben geben, in denen das Einkommen vorübergehend schmaler und der finanzielle Spielraum entsprechend kleiner ist. Später stabilisiert sich die Lage dann aber wieder“, erklärt er.
Schon lange sind Solomon Seyoum und sein Team davon überzeugt, dass sich eine „kulantere“ Handhabung des Forderungsmanagements unternehmerisch auszahlt – durch zufriedenere, treuere Kunden und weniger Kundendienstvorgänge.
Aber wie hängen die Zahl der Inkassovorgänge und das Risiko erhöhter Kundenabwanderung eigentlich genau zusammen? Und woher weiß man, welche Maßnahme für welchen Kunden die richtige ist – und wann?
Experimenteller Approach mit dem Ziel, das Kundenverhalten vorherzusagen
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und das Payment-Management optimal zu personalisieren, erhält der Mobilfunkanbieter Unterstützung von Billogram, seinem digitalen Payment-Partner.
Bei Billogram ist David Hallvig, Geschäftsführer von Data Science, für das Projekt verantwortlich. Seine Promotion über maschinelles Lernen hat ihm nicht nur einen Doktortitel, sondern auch den Spitznamen „Doctor Data“ eingetragen. Den Ausgangspunkt für das experimentelle Projekt, das beide Unternehmen gemeinsam durchführen, beschreibt er wie folgt:
„Es gibt immer Kunden, die bezahlen wollen, aber kein Geld auf dem Konto haben, wenn die Rechnung fällig ist. Andere wollen und können bezahlen, vergessen es aber gelegentlich. Ein sehr kleiner Teil bezahlt auch nach mehreren Erinnerungen nicht. Für die Unternehmen liegt die Herausforderung darin vorherzusagen, welche Kunden bezahlen werden und welche nicht, um jeden einzelnen mit den richtigen Maßnahmen ansprechen zu können.“
David Hallvig berichtet, dass sie verschiedene Maßnahmen zunächst an einigen kleineren Kundensegmenten bei hallon getestet und die Reichweite allmählich auf den gesamten Kundenstamm des Konzerns ausgedehnt haben.
„Wir haben randomisierte Experimente durchgeführt. Dabei wurden Kunden, die mit ihren Rechnungen im Verzug waren, in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt. Eine Kontrollgruppe wurde wie bisher zum Inkassoverfahren weitergeleitet. Eine andere wurde freundlicher angesprochen, beispielsweise durch SMS-Erinnerungen. Bei einer dritten Gruppe wurde ganz auf eine Maßnahme verzichtet.“
„80 % hätten auch ohne Inkassoverfahren bezahlt“
Welches Fazit lässt sich bisher ziehen?
„Wir konnten feststellen, dass rund 80% der Kunden, die bezahlt haben, nachdem sie zum Inkassoverfahren weitergeleitet wurden, auch so bezahlt hätten. Dahingegen war der Kundenchurn in der Gruppe, die ohne Inkassoverfahren bezahlt hat, nur halb so groß wie bei jener, wo Inkasso als Maßnahme gewählt wurde. Hieraus lässt sich schließen, dass Inkasso kein besonders wirksames Instrument ist und außerdem das Risiko der Kundenabwanderung erhöht“, erklärt David Hallvig.
Solomon Seyoum von Tre und hallon ist ebenfalls der Meinung, dass der richtige Weg darin besteht, jeden einzelnen Kunden mit der passenden Maßnahme anzusprechen. Er betont außerdem, wie wichtig das optimale Timing ist:
„Wenn eine Aktivität zu einem Zeitpunkt stattfindet, zu dem der Kunde gerade kein Geld auf dem Konto hat, sind die Erfolgsaussichten geringer. Der Versuch, Rechnungen und unterschiedliche Arten von Erinnerungen zu verschiedenen Zeitpunkten zu verschicken, ist dagegen viel zielführender. Denn die Chancen, dass die Kunden bezahlen, stehen wesentlich günstiger, wenn sie das Geld gerade haben.“
Mithilfe von maschinellem Lernen arbeiten hallon und Billogram weiter daran, die automatisierten Workflows, die bei einer überfälligen Rechnung ausgelöst werden, kontinuierlich zu personalisieren. Die großen Datenmengen, die im Rahmen der Tests erhoben werden, werden dabei zur Erstellung von maschinellen Lernmodellen verwendet. Diese Modelle sollen vorhersagen können, welche Kunden auch ohne Inkassoverfahren bezahlen werden, um automatisch eine freundlichere Kundenansprache zu wählen.
Weniger Kundendienstvorgänge = weniger Kundenchurn
Anhand der Erkenntnisse aus dem Experiment konnte hallon die Zahl seiner Inkassoverfahren um 80 % verringern. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Mission des Konzerns, die private Verschuldung zu senken. Dass die Zahl der Kundendienstvorgänge hierdurch ebenfalls rückläufig ist, ist ein weiteres Plus. Solomon Seyoum betont in diesem Zusammenhang:
„Anstatt ihr Geld für Kosten aufzuwenden, können unsere Kunden mehr für unsere Produkte und Leistungen ausgeben, die einen Mehrwert bieten.“
Es ist auch wichtig, ein unkompliziertes Kundenerlebnis bereitzustellen, das keine Reibungsflächen bietet.
„Unsere Aktivitäten dürfen unsere Kunden nicht unnötig stören. Wir sollten sie nur kontaktieren, wenn es unbedingt notwendig ist. Bei der falschen Gruppe kann sich schon eine kleine Irritation erheblich auf den Kundenchurn auswirken.“
Wichtig: eingefahrene Arbeitsweisen herausfordern
Welche Ratschläge hat Solomon Seyoum für andere Unternehmen, die ebenfalls anfangen möchten, mit maschinellem Lernen zu experimentieren?
„Welche Maßnahmen das beste Ergebnis liefern, hängt vor allem davon ab, in welcher Branche ein Unternehmen tätig ist und welche Art von Kunden es hat. Aber ich kann wirklich nur empfehlen, so lange zu experimentieren und immer wieder Anpassungen vorzunehmen, bis die optimale Lösung für den Bereich, der verbessert werden soll, erreicht ist. Natürlich ist es sehr hilfreich, einen Partner wie Billogram zu haben, denn wir haben den Mut, uns wirklich gegenseitig herauszufordern.“
Billograms „Doctor Data“ freut sich schon auf die weitere Zusammenarbeit und ist gespannt darauf, diesen experimentellen Ansatz mit weiteren Unternehmen zu testen:
„Die Abläufe im Rechnungsmanagement erfordern umfassende Integrationen. Es gibt viele eingefahrene Vorstellungen im Payment-Bereich. Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Projekts ist deshalb, dass wichtige Beteiligte im Unternehmen für Experimente mit neuen Arbeitsweisen aufgeschlossen sind. Das ist bei Solomon und hallon definitiv der Fall, und hierfür sind wir bei Billogram sehr dankbar“, erklärt er abschließend.